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Veranstaltung 1999

5. Round-Table-Gespräch "Reifentechnik"

5. Round-Table-Gespräch "Reifentechnik"

Nicht ohne Stolz eröffnete Peter Dahlheimer (Vetriebsleiter TIP TOP Automotive) am 22.04.99 das fünfte Fachgespräch rund um die Reifentechnik in den Tagungsräumen des Holiday Inn Garden Court Hotels im Münchner Vorort Unterhaching. Nicht zuletzt die jährlich steigenden Teilnehmerzahlen zeigten, so Dahlheimer, dass diese Veranstaltung sowohl bei Vertretern der Industrie als auch bei Verbänden und Organisationen eine ständig zunehmende Akzeptanz genießt.

Raimund Schön (Geschäftsführer TIP TOP) verdeutlichte in seiner Begrüßung, dass gerade dieses hochkarätig besetzte Forum in der Lage sei und sein muss, als Initiator für Verbesserungen und Weiterentwicklungen auf dem Sektor Reifentechnik zu fungieren.

„Richtlinien und Vorschriften“

Mit der Vorstellung der Technischen Ausführungen zu den „Richtlinien für die Beurteilung von Luftreifen“ (§36 StVZO) begann Michael Immler (Bayerische Vulkaniseurinnung) das umfassende Tagungsprogramm.

So seien, federführend durch die Bearbeitung des TÜV Automotive, endlich einheitliche Begriffsbestimmungen beim Nachschneiden von Nfz-Reifen in die Neufassung der Richtlinie mitaufgenommen worden, was auch die genaue Definition der zu verwendenden Reparaturmittel beinhaltet. Immler wies aber ausdrücklich darauf hin, dass die grundsätzliche Problematik der in der zweiten Jahreshälfte in Kraft tretenden Vorschrift auch weiterhin in der richtigen Beurteilung des Karkassenzustandes läge.

Auch käme diese Reparaturempfehlung nur dann uneingeschränkt zum Tragen, wenn es seitens der Hersteller keine Restriktionen über die Verwendung ihrer Reparaturmaterialien gibt.

Anhand der ECE-Regelungen 108 (Pkw) und 109 (Nfz) verdeutlichte anschließend Hans-Jürgen Drechsler (BRV) die Neuerungen auf diesem Gebiet, die vor allem für Runderneuerungs-Betriebe von Bedeutung sein werden.

So beabsichtigt das Bundesministerium für Verkehr im Interesse einer weiteren internationalen Harmonisierung der kraftfahrzeugtechnischen Vorschriften die schnellstmögliche Aufnahme und Anwendung dieser Regelungsentwürfe.

Ab dem geplanten Umsetzungszeitraum 01.01.2000 wäre dann ein runderneuerter Reifen einem Neureifen gleichgestellt.

Für die Runderneuerungs-Betriebe bedeute die damit verbundene Kennzeichnungs- und Zertifizierungspflicht natürlich einen Mehraufwand und somit Mehrkosten. Mittel- und langfristig betrachtet läge hierin aber die Chance, den Abstand zu den Neureifen-Herstellern entscheidend zu verringern, da aufgrund der gesetzlichen Maßstäbe eine Gleichstellung mit der Reifenindustrie erfolge.

Die Gunst der Stunde nutzen!

Diesen Appell richtete Detlef Witt (TIP TOP Fachberater Runderneuerung), die ECE-Neuerungen zusammenfassend, an Vulkaniseure und Runderneuerer. Wenn die Betriebe es verstünden, diese neue Gesetzeslage als weiteren Marketing-Baustein in Richtung Imageförderung, Innovationsbereitschaft, Kompetenzdemonstration und letztendlich Kundenzufriedenheit transparent am Markt zu kommunizieren, könnten endgültig die Mehrheit der Vorurteile der Autofahrer gegenüber runderneuerten Reifen beseitigt werden. Als Systemanbieter und Komplettlieferant habe TIP TOP hierbei immer ein offenes Ohr für die Wünsche und Bedürfnisse seiner Partner und Kunden.

Radmuttern nachziehen - oder nicht?

Kontrovers diskutierten Vertreter der Automobilindustrie und Hans-Jürgen Drechsler (BRV) dieses auch in der Öffentlichkeit immer noch für Zündstoff sorgende Streitthema.

Während sich Klaus Köfler (Audi AG) und Klaus Hanitsch (Daimler Chrysler AG) dahingehend äußerten, dass ein Nachziehen auch bei der Erstmontage nicht nötig sei, erwiderte Drechsler, dass dies für die Sicherheit des Autofahrers von enormer Bedeutung sei. Einschlägige Gerichtsurteile sowie entsprechende Hinweise in den AGB´s bzw. auf den Geschäftspapieren der Reifenhändler zeigten immer noch, dass ein Nachziehen innerhalb der ersten 200 gefahrenen Kilometer ab Montage das Risiko sich lösender Radmuttern auf ein Minimum reduziert.

Neuheiten bei TIP TOP

Einen kompakten Überblick über neue Reparaturmaterialien und eine neu entwickelte Pflastergeneration gab anschließend Patric Scheungraber (Produktentwicklung TIP TOP).

Unter dem Titel „Ökologie und Ökonomie“ stellte Scheungraber kurz die vielfältigen Aspekte und Vorteile der Reifenreparatur für die Fachbetriebe dar. Die Rolle von TIP TOP als „stiller Partner“ konzentriere sich hierbei nicht nur auf die bloße Bereitstellung von Reparaturmaterial , sondern würde zwischenzeitlich der Entwicklung des Unternehmens zum Systemanbieter und Komplettlieferanten dem selbstgesteckten Anspruch der Marktführerschaft gerecht werden.

Abschließend ging Scheungraber nochmals auf die Vorteile der anlässlich der REIFEN 98 in Essen vorgestellten Serie von Reparaturpflastern für Lkw-Niederquerschnittreifen RAD 500 Power Patch ein.

Hierbei seien die bereits in der Entwicklungsphase formulierten Ziele der Flächen-, Gewichts- und Materialoptimierung sowie die dynamische Alterungsbeständigkeit zur vollsten Zufriedenheit der Verwenderzielgruppe realisiert worden.

Gefahren für Pannendienste auf der Straße

Einleitend ging Josef Waldschütz vom Verband der Bergungs- und Abschleppunternehmer e.V. auf die grundsätzlichen Ursachen ein, warum gerade im Bereich des Schwerverkehrs immer mehr Pannendienstfahrzeuge zum Einsatz kommen. Dies läge zum einen an den bauartbedingten Beschaffenheiten von Schwerfahrzeugen (Verkleidungen, Unterfahrschutz, Anbringung von Reserverädern und Werkzeugen), zum anderen wären mangelnde fachliche Kenntnisse des Fahrers sowie defektes oder fehlendes Werkzeug immer mehr der Grund, warum z.B. ein Radwechsel kaum mehr vom Fahrpersonal durchgeführt werden kann.

Im Falle einer Pannenhilfe oder Bergung lassen fehlende oder nicht ausreichend gekennzeichnete Pannenstreifen, die hohe Verkehrsdichte sowie unübersichtliche Streckenführungen auf Landstraßen und Autobahnen den Einsatz des Hilfspersonals zu einem lebensgefährlichen Manöver werden.

Waldschütz forderte daher unverzügliche Maßnahmen und Vorkehrungen, um die Sicherheit der Pannendienste im Einsatzfall weiterhin zu erhöhen:

  • Intensive und ausführliche Unterweisung und Schulung des eingesetzten Personals
  • Verbesserte Ausrüstung und Kennzeichnung von Pannenfahrzeugen
  • Aus Gründen der Verkehrssicherheit grundsätzliche Verständigung der Polizei und ggf. Veranlassung von Absperrmaßnahmen durch die jeweiligen Straßenbaulastträger

Neue Lkw-Räder mit außenliegendem Ventil vorgestellt

Während zwischen Felge und mitrotierender Trommelbremse eingeklemmte Steine bislang zu keinerlei Schwierigkeiten oder Schäden führten, könnte dies bei stehenden Scheibenbremsen zu erheblichen Beschädigungen des innenliegenden Ventils führen.

Konsequenz daraus war, so Dr. Andreas Modricker (Michelin Kronprinz Werke GmbH), die Lage des Ventils dahingehend zu modifizieren, dass solche Beeinträchtigungen zukünftig nicht mehr zu Ventilbeschädigungen führten. Anhand der vorgestellten Lkw-Felge (22.5 x 9.00) demonstrierte Modricker eindrucksvoll ein Rad mit außenliegendem Ventil, das bei einer Winkelung von 450 im Gegensatz zu herkömmlichen, innenliegenden Ventilen mit 270 in keinster Weise mehr mit eingeklemmten Gegenständen in Berührung kommt und somit einen optimalen Schutz gegen Ventilbeschädigungen darstellt.

Auch seien zur Montage des neuen Ventils keinerlei Spezialwerkzeuge notwendig, da das Ventil an einem Lüftungsschlitz in der Felgenschüssel positioniert ist.

Nicht nur für große Tiere: CSR

Vor rund zehn Jahren entwickelte die Continental AG, Deutschlands größter Reifenhersteller, mit CTS ein pannensicheres Rad, das auch in Gefahrsituationen eine gefahr- und problemlose Weiterfahrt ermöglichte. Als eines der ersten Pannenlaufsysteme weltweit war CTS jedoch in der Herstellung teuer und kam daher nur in Limousinen der Oberklasse und bei gepanzerten Fahrzeugen zum Einsatz.

Die für jeden Autofahrer erschwingliche Weiterentwicklung des CTS stellte Michael Glinz auf dem Round Table Gespräch den Teilnehmern vor: CSR-Der ContiSicherheitsRing.

Ein leichter Metallring mit flexibler Lagerung wird auf die Felge montiert und sorgt so bei Luftverlust des Reifens für problemfreie Weiterfahrt. Bei plötzlichem und schleichendem Luftverlust stützt sich der Reifen auf dem Ring ab und die Manövrierfähigkeit des Fahrzeugs bleibt erhalten. Während des normalen Fahrbetriebs werden Reifen und Fahrzeugeigenschaften durch den CSR nicht beeinflußt. Das System ist sowohl für die Nachrüstung im Ersatzgeschäft als auch für die Erstausrüstung geeignet.

Zunächst wird der CSR in einer Pilotserie für die Reifendimension 195/65 R 15 und 6 ½ J zur Verfügung stehen.

EURO - Problem oder Chance?

Es waren ausnahmsweise nicht die in den Medien häufig erwähnten Konvergenzkriterien, Wechselkursdifferenzen oder technische Umstellungsprobleme, die den Rahmen des Referates von Michele Fuhs (EURO-InfoCenter München) zur anstehenden Einführung der europäischen Währung bildeten. Vielmehr schilderte Fuhs aus Unternehmersicht die mit der Umstellung einhergehenden Probleme, aber auch die Vorteile, die die Einführung des EURO speziell klein- und mittelständischen Unternehmen bringen kann. Dies sind u.a. ein vergrößertes Absatzgebiet durch die Öffnung bisher unerschlossener Märkte, eine größere Preistransparenz und -vergleichbarkeit sowie administrative Erleichterungen im Güter- und Geldverkehr.

Dabei dürfe jedoch nicht außer acht gelassen werden, dass weiterhin unterschiedliche Verbrauchergewohnheiten und trotz Binnenmarktes und EURO auch weiterhin rechtliche Unterschiede bestünden. Dies müsse vor allem bei der Werbung, der Produkt- und Preisgestaltung sowie der Servicepolitik berücksichtigt werden.

Übergreifende Ausbildung im Vulkaniseur- und Kfz-Handwerk - nicht länger nur ein Wunsch

Als abschließenden Tagungspunkt stellte Martin Kiechl, Leiter der Stahlgruber-Stiftung, eine Erweiterung der Handwerksordnung (§7a) vor, nach der es fortan möglich ist, aufgrund einer übergreifenden Ausbildung eine Ausübungsberechtigung für das Vulkaniseur- bzw. Kfz-Handwerk zu erhalten. Hierzu sei eine Sachkundeprüfung für Vulkaniseurmeister im Kfz-Gewerbe nötig, deren Inhalte Kiechl kurz präsentierte. Es solle aber nicht der Eindruck entstehen, dass mit dieser Maßnahme ein „Kombimeister“ produziert werde, diese übergreifende Ausbildung steigere lediglich die Wettbewerbsfähigkeit der teilnehmenden Personen.

Bei der Verabschiedung der Gäste am frühen Abend dankte Peter Dahlheimer (TIP TOP) nochmals allen Mitwirkenden für ihr Erscheinen und ihre aktive Teilnahme, ohne die dieser „Kommunikationsplatz der Reifenbranche“ nicht existieren könne, verbunden mit den besten Wünschen für eine gute Heimreise sowie der Einladung zum 6. Round Table im Jahr 2000.

(Bernd Farkas, Juni 1999)

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